APRIL 2021

Erfolgsfaktor IT

Wie die IT im Homecare- und Hilfsmittelmarkt in verschiedenen Unternehmensbereichen zum Erfolg verhilft
Der Homecare-Markt wird sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren sehr dynamisch entwickeln. Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland, wird die Zahl der auf Homecare-Leistungen angewiesenen Patienten bis zum Jahr 2030 auf 9,3 Millionen ansteigen.

Die Erstattungspreise fallen kontinuierlich, während die Kosten durch steigende Anforderungen der Krankenkassen zunehmen. Zusätzlich intensiviert sich der Wettbewerb untereinander und der Aufwand für das Personalmanagement wächst. Und dabei muss die Versorgungsqualität weiterhin sichergestellt sein.

Um diese Herausforderungen zukünftig erfolgreich bewältigen zu können, bedarf es vor allem bei mittelständischen Unternehmen einem Umdenken in den bestehenden Prozessen.

Ein zentraler Aspekt wird in Zukunft die IT in den verschiedenen Unternehmen sein. Wie kann die IT Unternehmen dabei unterstützen Prozesse zu verschlanken, Ressourcen zu sparen und profitabel zu arbeiten?

Konkret muss das Ziel lauten: Qualitativ bessere und nachweisbare Versorgungen zu geringeren Kosten. Dabei kann die IT ein Unternehmen in verschiedenen Bereichen stärken.

1. Schnelles Onboarding von neuen Mitarbeitern

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, muss der Horizont erweitert werden. Es kann nicht mehr nur darum gehen, Mitarbeiter von anderen Unternehmen anzuwerben. Vielmehr müssen völlig neue, junge, IT-affine Mitarbeiter für die Homecare-Welt begeistert und befähigt werden.
Dazu bedarf es strukturierter Einarbeitungspläne und Software-Lösungen, die den Mitarbeitern das Auswendiglernen von Merkblättern mit „Kassenspielregeln" und „Fokusprodukten" abnehmen. All das muss heute eine zeitgemäße IT-Lösung bieten.

Die Außendienstmitarbeiter müssen sich vollständig auf ihre Kunden und Patienten konzentrieren können, ohne vorher langwierig alle unternehmensspezifischen Spielregeln zu lernen.
Neue Mitarbeiter müssen in drei bis vier Wochen einsetzbar sein. Das bedeutet: Einarbeitung in die Software in extrem kurzer Zeit, Hospitation und Anlernen bei und durch erfahrene Kollegen und dann „Learning by Doing" mit entsprechender Supervision.

2. Synergieeffekte innerhalb des Unternehmens durch IT

Viele Homecare-Unternehmen und noch viel stärker die Sanitätshäuser mit Vollsortiment haben unterschiedliche Teams für die verschiedenen Versorgungsbereiche. Dies sind zum Beispiel Teams in der „Care-Arbeit" – also die klassischen Wundschwestern oder Teams für die „Reha-Arbeit". Die IT muss hier eine „Brücke" schlagen, damit diese Teams optimal zusammenarbeiten können.
Dies ist zum Beispiel im Bereich des Cross-Sellings denkbar. Wenn ein Patient sowohl Care- als auch Reha-Bedarf hat, wird er von zwei verschiedenen Außendienstmitarbeitern besucht, auch wenn diese beide für das gleiche Unternehmen arbeiten.

Es muss Lösungen geben, mit denen Care- und die Reha-Mitarbeiter Informationen zum Patienten austauschen können. Wenn der Care-Mitarbeiter gerade die Wunde des Patienten im Anamnesegespräch dokumentiert, könnte er ebenfalls aufnehmen, dass der Patient zudem Bedarf an einem Rollstuhl hat und diesen ausmessen.

In einer IT-gestützten Außendienstwelt könnte der Care-Mitarbeiter diese Information in ein einheitliches System eingeben. Im Gegenzug könnte der Reha-Mitarbeiter bei der Auslieferung auch den Bestand an Verbandsmitteln prüfen und die Kollegen aus dem Care-Team zielgerichtet informieren.
Kurzum, der Blick auf den Patienten und den Kunden muss einheitlich und vollständig sein. Damit diese beiden Mitarbeitergruppen optimal zusammenarbeiten können, müssen die Unternehmen weg von E-Mails und Anrufen. Es bedarf eines einheitlichen IT-Systems, bei dem deutlich ist, welche Vorgänge und Anfragen noch offen sind, wer dafür verantwortlich ist und wer das Thema im Vertretungsfall bearbeitet.
Um den Außendienst in Notfällen bzw. auf Kundenwunsch umzuleiten, reicht es nicht mehr aus, nur in den Outlook-Kalender zu schauen. Es sind einheitliche Tourenpläne nötig, die der Innendienst im Bedarfsfall umstellen kann und über die der Außendienst informiert wird – inkl. aktueller Verkehrsmeldungen und aller notwendigen Informationen zum Patienten.

3. IT für Routineaufgaben des Außendienstes

Der Außendienst muss über ein System verfügen, das ihn über den ganzen Arbeitstag hinweg aktiv unterstützt und begleitet. Diese Software muss funktionieren – unabhängig davon, ob dem Mitarbeiter eine Internetverbindung zur Verfügung steht oder nicht.

Moderne Analysemethoden, wie Machine und Deep Learning müssen den Datenbestand permanent analysieren und den Mitarbeiter aktiv auf notwendige Handlungsschritte hinweisen. Entscheidend ist, dass der Mitarbeiter seine Arbeitszeit und -kraft nicht für Routineaufgaben verschwendet. Dazu gehört, dass dem Mitarbeiter im Rahmen der Versorgung automatisch nur die Produkte vorgeschlagen werden, die zu den Befundparametern des Patienten passen, die Bedingungen des Kassenvertrags erfüllen und auch verfügbar sind.

Ein weiteres Szenario ist, dass dem Mitarbeiter mit Versorgungsbeginn alle (Sonder-)Bedingungen aufgezeigt werden und er regelmäßig daran erinnert wird, wenn Pflichtbesuche anstehen oder gesonderte Dokumente unterschrieben werden müssen (Versicherteninformationen etc.). All diese Routinen sollte er nicht mehr im Blick haben müssen. Hierfür muss ein IT-System die Leitstelle bilden und den Mitarbeiter lotsen.

4. IT-Vernetzung der Leistungserbringer

Alle Leistungserbringer im Markt, dazu zählen Kliniken, Ärzte(-netze) und Pflegeorganisationen genauso wie Homecare-Unternehmen, werden sich darauf einstellen müssen, dass es zukünftig kein führendes System gibt.
Stattdessen müssen Schnittstellen zu verschiedenen IT-Systemen aufgebaut werden. Dazu müssen die eigene IT-Landschaft und der jeweilige IT-Anbieter in der Lage sein. Zukünftig wird der Patient im Entlassmanagement nur an die Unternehmen entlassen, die an die verschiedenen Klinik-Entlass-Systeme angebunden sind.

Damit werden dem Homecare-Unternehmen bei der Entlassung des Patienten die Stammdaten und die Befunddaten digital übermittelt. Gleichzeitig werden die Kliniken nach 48 Stunden eine Rückmeldung in digitaler Form in ihrem Krankenhaus-Informationssystem (KIS) haben wollen, ob die Entlassung geklappt hat und der Patient versorgt ist. Wer in Zukunft weiterhin auf Papier, PDFs und E-Mails setzt, verpasst globale Entwicklungen.

„Übersehen"
E-Rezept für Heil- und Hilfsmittel erst 2026 – Leistungserbringer haben das Nachsehen.